Drei nepalesische Mediziner waren in der Erlanger HNO-Klinik zu Gast

Wer nicht gut oder gar nicht hört, ist im täglichen Leben massiv eingeschränkt – unabhängig von Herkunft oder Alter. Eine gute medizinische Versorgung ist dann entscheidend. Das Gesundheitssystem in Nepal ist nicht so fortschrittlich wie das in Deutschland. Damit sehr schwerhörige bzw. taube Kinder aus dem südasiatischen Land dennoch ein neues Leben mit einer Innenohrprothese beginnen können, waren Anfang Juli drei Ärzte vom Teaching Hospital in Kathmandu in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Uniklinikums Erlangen zu Gast. Bei den hiesigen Expertinnen und Experten erfuhren Sie beispielsweise hautnah, wie hierzulande ein Cochlea-Implantat (CI) eingesetzt wird und wie die Nachsorge und Anpassung der Hörprothese in einem renommierten CI-Zentrum ablaufen.

Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro (Mitte) und CICERO-Leiter Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe (r.) mit den drei nepalesischen Gästen im Innenhof der Erlanger HNO-Klinik. Foto: Alessa Sailer/Uniklinikum Erlangen

Bereits seit 2010 gibt es den Heroldsberger CoIN e.V.; dieser hat sich seither zum Ziel gesetzt, gehörlosen Kindern in Nepal mit konkreten Projekten zu helfen, um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Nach vielen Initiativen ist es nun gelungen, dem CI-Arzt Dr. Rabindra Bhakta Pradhananga, dem CI-Audiologen Sureshwar Lal Karna und dem CI-Logopäden Kabi Raj Khanal eine Reise von Kathmandu nach Erlangen zu ermöglichen. Weil der fränkische Verein für die CI-Versorgung in Nepal bereits seit Jahren mit der Erlanger HNO-Klinik in Kontakt ist, erklärten sich die hiesigen Expertinnen und Experten bereit, den drei Gästen die Gelegenheit zu einer Hospitation zu geben.

Mit im OP

In ihrer Heimat arbeiten die Nepalesen im einzigen CI-Zentrum des Landes. Bei ihrem viertägigen Besuch in der Erlanger HNO-Klinik verschafften sich die drei Männer einen Eindruck von der Behandlung und der Nachsorge in einer deutschlandweit führenden Einrichtung, wenn es um das Einsetzen von CIs geht. Auf dem Programm standen unter anderem mehrere CI-Implantationen bei Kindern sowie bei einem Erwachsenen. So konnten die Mediziner aus Nepal im OP-Saal hautnah dabei zusehen, wie Hörimplantate unter höchsten medizinischen Standards eingesetzt werden. Dabei lernten die Gastmediziner auch ein neues Knochenleitungsimplantat kennen, das sie schallleitungsschwerhörigen oder einseitig tauben Kindern bald auch in ihrer Heimat einsetzen wollen. Diese Implantate leiten den Schall über den Knochen direkt zum Innenohr weiter, so wie beim natürlichen Hören.

„In Nepal haben wir zwar grundsätzlich eine sehr ähnliche Ausstattung im OP“, sagte CI-Chirurg Dr. Bhakta Pradhananga, „aber der technische Standard ist hier viel höher. Außerdem wird hier zum Beispiel mit 3-D-Technologie gearbeitet und das Röntgenbild zur Überprüfung der richtigen Lage des CIs kann während des Eingriffs gemacht werden. Bei uns ist das nicht so schnell und einfach möglich.“ Darüber hinaus durften Rabindra Bhakta Pradhananga, Sureshwar Lal Karna und Kabi Raj Khanal bei der Anpassung der CIs im Cochlear-Implant-Centrum CICERO dabei sein und sich über die logopädische sowie die audiologische Behandlung in Erlangen informieren. Auch der Besuch der Fachabteilung Phoniatrie und Pädaudiologie durfte nicht fehlen.

Dankbar für die Erfahrungen

Insgesamt empfanden die nepalesischen Gäste den Besuch als sehr hilfreich für ihre Arbeit. „Es ist toll, dass die Erlanger Ärzte ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben. Wir werden sie mit nach Nepal nehmen“, so Dr. Pradhananga. Das größte Problem dort sei die fehlende finanzielle Unterstützung: In Nepal übernimmt der Staat umgerechnet nur etwa 4.500 Euro der Gesamtkosten von ca. 12.000 Euro für die einfachste Ausführung der Innenohrprothese und die OP. Zum Vergleich: In Deutschland übernehmen die Krankenkassen die knapp 28.000 Euro für ein hochwertiges CI-Modell und die Implantation sowie die Kosten für Nachsorge und logopädische Therapie. CICERO-Leiter Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe berichtet: „Mich hat vor allem erstaunt, dass die Zahl der gehörlos geborenen Kinder in Nepal deutlich größer ist als in Deutschland. Wir versorgen in Erlangen viel mehr Erwachsene als Kinder mit einer Hörprothese – in Nepal ist es umgekehrt.“

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe
09131 85-32981
ulrich.hoppe@uk-erlangen.de

Hörzentrum Nordbayern und CICERO laden ein am Samstag, 22. Oktober 2022, ab 9.00 Uhr

Jeder Mensch mit Hörproblemen kennt das Gefühl, alles zu hören, aber nichts zu verstehen. Dabei ist das Verstehen von Sprache die wichtigste soziale Funktion unseres Hörsinns. Wenn das Hörvermögen abnimmt, wird die Kommunikation mit Anderen schwierig und ist nicht selten mit großem Stress verbunden. Der Erlanger Hörtag bietet deshalb ausführliche Informationen rund um Hörprobleme und darüber, wie neueste Technologien Abhilfe schaffen können. Die Veranstaltung, die vom Hörzentrum Nordbayern, vom Cochlear-Implant-Centrum CICERO der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Uniklinikums Erlangen und dem Hören schenken e. V. veranstaltet wird, findet dieses Jahr wieder in Präsenz statt: am Samstag, 22. Oktober 2022, von 9.00 bis 13.00 Uhr in den Hörsälen Medizin, Ulmenweg 18, in Erlangen. Betroffene, Angehörige und andere Interessierte können den Hörtag darüber hinaus ab 10.00 Uhr per Livestream mitverfolgen. Auch 2022 steht die Veranstaltung wieder unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein.

Auf die Gäste warten Vorträge, eine Ausstellung und u. a. die Möglichkeit, Kontakte zu den Hörexpertinnen und -experten des CICERO zu knüpfen, das 2009 an der Erlanger HNO-Klinik gegründet wurde. Heute ist es eine deutschlandweit führende Einrichtung, wenn es um das Einsetzen von Cochlea-Implantaten (CI) geht: Als eine der ersten Kliniken in Deutschland wurde die Erlanger HNO-Klinik im Oktober 2021 als CI-versorgende Einrichtung zertifiziert. „Wir wollen, dass Sie gut hören – immer und überall“, betont Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe, Leiter des CICERO. „Deshalb stellen wir Betroffenen und Interessierten beim 13. Erlanger Hörtag die neuesten Techniken von Hörgeräten und Innenohrprothesen vor. Wir erklären Ihnen beispielsweise die Schritte, die Sie bei der Versorgung mit einem CI durchlaufen und wie Sie Ihr Gehör schulen können.“ In seinem Vortrag spricht Prof. Hoppe über „Neue Technik für das Hören: Hörgeräte und Cochlea-Implantate“. Drei weitere Expertinnen und Experten referieren zudem über die Gruppentherapie in der CI-Nachsorge, über „Hoertech made in Erlangen“ sowie über die Bedeutung der Selbsthilfe für Schwerhörige. Im Anschluss wird eine CI-Trägerin von ihren Erfahrungen mit dem Implantat berichten.

Ins Gespräch kommen

„Der Erlanger Hörtag bietet Hörgeschädigten, CI-Trägerinnen und -Trägern und anderen Interessierten die Möglichkeit, mit Spezialistinnen und Spezialisten, aber auch mit Selbsthilfevertreterinnen und -vertretern ins Gespräch zu kommen. Dabei erfahren unsere Gäste aus erster Hand, dass Hörstörungen Menschen aller Altersgruppen betreffen“, sagt Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro, Direktor der HNO-Klinik. Um eine Anmeldung zum 13. Hörtag bis spätestens 19. Oktober wird gebeten: telefonisch unter 09131 85-32981 oder per E-Mail an cicero@uk-erlangen.de. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe
09131 85-32981
ulrich.hoppe@uk-erlangen.de

Welttag des Hörens: Regelmäßige Hörscreenings sind essenziell

Die Vögel im Frühjahr zwitschern oder das Bächlein plätschern hören und das Enkelkind am Telefon verstehen – unser Gehörsinn ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Mit dem weltweit begangenen Tag des Hörens erinnert die Weltgesundheitsorganisation am 3. März daran, wie bedeutend das Hören für die Lebensqualität ist. Auch das Cochlear-Implant-Centrum CICERO und das Hörzentrum Nordbayern an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Universitätsklinikums Erlangen unterstützen dies. Denn: Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung über 60 Jahren sind von einem Hörverlust betroffen. In den meisten Fällen können Hörgeräte oder Cochlea-Implantate Hilfe bieten. Eine frühzeitige Versorgung mit einem Hörsystem ist empfehlenswert, weil sie das Nachlassen der Hörfähigkeit verlangsamen oder sogar stoppen kann. Obwohl die Kosten größtenteils oder sogar ganz von den Krankenkassen getragen werden, ist auch in Deutschland nur jede bzw. jeder zehnte Schwerhörende mit geeigneten Hilfsmitteln versorgt. Im Hörzentrum Nordbayern werden auf der Basis umfangreicher Untersuchungen die optimalen Hörlösungen für Menschen jeden Alters gefunden.

„Alle ab 50 Jahren sollten regelmäßig einen Hörcheck durchführen lassen“, betont Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe, Leiter des CICERO. Die Etablierung eines Hörscreenings für Erwachsene sei eine große Herausforderung für die Audiologie in den nächsten Jahren. „Allerdings gibt es bereits zahlreiche Möglichkeiten, das Gehör orientierend zu prüfen“, sagt der Hörexperte. Um einen ersten Eindruck über sein eigenes Gehör zu bekommen, eignen sich bereits einfache Fragebogen wie der Mini-Audio-Test oder andere Online-Hörtests. „Solche leicht erreichbaren und schnell durchführbaren Tests sind essenziell, um eine Akzeptanz für das Hörscreening im Erwachsenenalter zu erreichen. Die weitere Abklärung der Schwerhörigkeit gehört jedoch zweifellos in die Hände von HNO-Ärztinnen und -Ärzten“, so Prof. Hoppe.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe
Telefon: 09131 85-32980
E-Mail: cicero@uk-erlangen.de

Erlanger HNO-Klinik als eine der ersten CI-versorgenden Einrichtungen für Erwachsene und Kinder in Deutschland zertifiziert

Gute Nachrichten für schwerhörige und taube Patientinnen und Patienten: Weil die Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Universitätsklinikums Erlangen alle Vorgaben für die Struktur- und Prozessqualität der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. erfüllt, wurde sie – als eine der ersten Kliniken in Deutschland – als „CI-versorgende Einrichtung für Erwachsene und Kinder“ zertifiziert. „Das Hörzentrum Nordbayern und das CICERO orientieren sich bei der Patientenversorgung schon immer an den aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften, weil neueste Erkenntnisse und Erfahrungswerte von Expertengremien dabei helfen, Patientinnen und Patienten individuell optimal zu behandeln“, sagt Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe, Leiter des Cochlear-Implant-Centrums CICERO an der HNO-Klinik des Uni-Klinikums Erlangen.

Auch Klinikdirektor Prof. Iro freut sich über das erfolgreiche Audit der ClarCert GmbH: „Die Zertifizierung zeigt unseren Patientinnen und Patienten einmal mehr, dass sie bei uns in besten Händen sind.“ Das CICERO orientiert sich in allen Bereichen der Versorgung mit Cochlea-Implantaten (CI) an den aktuellen Leitlinien, etwa bei der präoperativen Diagnostik, der Indikationsstellung, der Basistherapie (Erstanpassungsphase), der Folgetherapie (CI-Rehabilitation) und der Langzeitnachsorge bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Seit über zwölf Jahren schon verbessern die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hörzentrums Nordbayern und des CICERO an der Erlanger HNO-Klinik die Lebensqualität von schwerhörigen und gehörlosen Patientinnen und Patienten. Etwa 180 Hörimplantate werden hier jedes Jahr eingesetzt. Sie ermöglichen es selbst stark Hörgeschädigten und Gehörlosen, wieder Klänge und Sprache wahrzunehmen. Das CICERO ist eine deutschlandweit führende Einrichtung, wenn es um die Implantation von CIs geht.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe
Tel.: 09131 85-32980
cicero@uk-erlangen.de

Eine Verschlechterung des Gehörs ist für viele Menschen im zunehmenden Lebensalter unvermeidlich. Menschen, die unter Schwerhörigkeit leiden, werden nicht selten von gesellschaftlichen Vorgängen isoliert und finden sich im Alltag immer schlechter zurecht. Moderne Hörsysteme können hier eine wertvolle Hilfe sein. In manchen Fällen kommen auch Cochlea-Implantate (CIs) oder implantierbare Hörgeräte infrage, um das Hören substanziell zu verbessern.

Leiden Zuckerkranke an einer Entzündung des äußeren Gehörgangs, kann die Erkrankung lebensbedrohlich sein.

Häufig beginnt sie mit einem Jucken im Ohr, Schmerzen und Rötungen: eine Entzündung des äußeren Gehörgangs (Otitis externa). Auslöser sind in der Regel Bakterien oder Pilze, die ins Innere des Ohrs gelangt sind. „Die Entzündung heilt oft nach einigen Tagen von allein ab oder verschwindet nach einer kurzen lokalen Behandlung mit Antibiotika. Bei Diabetikern und immunsupprimierten Personen kann die Otitis externa allerdings schnell zu einer Knochenmarkentzündung führen“, erklärt Dr. Frank Waldfahrer, Oberarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Universitätsklinikums Erlangen. „Vom Felsenbein aus, einem Teil des Schädels, breitet sich die Entzündung unter Umständen weiter aus: in die Hirnhaut, ins Gehirn oder ins Gleichgewichtsorgan.“ Gelangen die Erreger in die Blutbahn, können sie eine Sepsis auslösen – ein lebensbedrohlicher Zustand, bei dem unverzüglich gehandelt werden muss.

Die Symptome bei dieser gefährlichen Form der Ohrenentzündung, der Otitis externa necroticans, sind dann neben einer Rötung und Schmerzen des Ohrs etwa auch geschwollene Lymphknoten, Beschwerden im Kiefergelenk und Sekretausfluss aus dem Ohr. Warum betrifft die Erkrankung jedoch vor allem Diabetiker? „Besonders gefährdet sind zuckerkranke ältere Männer, die ihre Medikamente nicht regelmäßig einnehmen und deren Blutzuckerwerte nicht richtig eingestellt sind. Ihr Körper kann sich gegen die Keime nicht ausreichend wehren. Das Gleiche gilt für Menschen, die gesundheitsbedingt immunsupprimierende Präparate einnehmen“, verdeutlicht Frank Waldfahrer. Das Tückische: Die für die Entzündung ursächlichen Bakterien – in der Regel Pseudomonas aeruginosa – kommen auch bei den meisten Gesunden im Gehörgang vor. Durch Mikroverletzungen, die beispielsweise beim Reinigen des Ohrs mit Wattestäbchen entstehen können, oder durch vom Baden aufgeweichte Haut, wird „eine harmlose Besiedelung dann zu einer Invasion der Erreger“, so der HNO-Experte.

Risikopatienten können dem diabetischen Ohr also vorbeugen: indem sie in Badeseen nicht den Kopf untertauchen und nach dem Duschen, Schwimmen oder anderem Wassersport die Ohren sanft mit einem Handtuch trocken tupfen. „Dabei sollten Sie keinesfalls auf einen Fön zurückgreifen, denn die heiße Luft kann zu Verbrennungen im Ohr führen“, warnt Dr. Waldfahrer. Außerdem sollten Diabetiker regelmäßig zum Arzt, um die Einstellung ihrer Blutzuckerwerte überprüfen zu lassen. Egal, ob zuckerkrank oder nicht – wer Symptome an sich bemerkt, die auf eine Entzündung des Gehörgangs hindeuten, für den gilt: „Suchen Sie frühzeitig einen HNO-Spezialisten auf, damit eine Otitis behandelt werden kann, bevor sie ernsthafte Folgen für Sie hat“, sagt Frank Waldfahrer.

Weitere Informationen:

Dr. Frank Waldfahrer
Telefon.: 09131 85-33156
E-Mail: frank.waldfahrer@uk-erlangen.de

Internationaler Tag gegen den Lärm: Ein zu hoher Geräuschpegel schadet auf Dauer unserem Gehör

Was haben Konzertliebhaber und Musiker im Blasorchester gemeinsam? Und Motorradfahrer, Sportschützen und Forstarbeiter? Sie alle setzen sich, über kürzere oder längere Zeit, wissentlich Lärm aus. Der internationale Tag gegen den Lärm, der dieses Jahr am 28. April stattfindet, will weltweit auf die Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit aufmerksam machen. Denn: Schallpegel von rund 80 Dezibel (dB) oder mehr können bleibende Schäden am Innenohr hinterlassen, wie Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe, Leiter des Cochlear-Implant-Centrums CICERO an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie (Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Iro) des Universitätsklinikums Erlangen, erklärt: „Die Haarzellen in unserem Ohr bewegen sich durch die Schallwellen. Bei hoher Lautstärke schwingen die Härchen so stark, dass sie zerstört werden. Die Folge ist im schlimmsten Fall eine bleibende Hörschädigung.“

Entscheidend ist dabei allerdings nicht, ob wir die Lautstärke genießen, etwa beim Musizieren, oder ob wir die Geräusche als störend empfinden, beispielsweise bei einer vorbeifahrenden Straßenbahn. Die Wahrnehmung von „laut“ und „zu laut“ ist zudem sehr individuell und genetisch bedingt. In jedem Fall wirkt es sich auf das Hörvermögen aus, wenn wir uns regelmäßig Lautstärken über 80 dB aussetzen. Dabei gilt, ähnlich wie bei radioaktiver Strahlenbelastung: Dosis mal Zeit ergibt die ausschlaggebende Belastung. „Die maximal tolerierbare Zeit für 100 dB, das entspricht der Lautstärke in einer Disko, beträgt drei Stunden pro Woche, längere Aussetzungszeiten fügen unserem Gehör Schaden zu. Bei 110 dB – so laut ist in etwa ein Rockkonzert – beträgt diese Zeit sogar nur sieben Minuten pro Woche“, verdeutlicht der Hörexperte. Zum Vergleich: Ein Gespräch bewegt sich im Rahmen von ca. 50 bis 60 dB.

Warnhinweise des Körpers sollten keinesfalls ignoriert werden. Diese äußern sich auf vielfältige Weise: Eine zu hohe Schallexposition kann Ohrgeräusche (Tinnitus) hervorrufen, andere spüren dagegen nur ein Kitzeln im Ohr. Die Lärmeinwirkung kann aber auch zu einem dumpfen Hören führen. „Viele haben das sicherlich schon selbst erlebt, etwa nach einer längeren Autobahnfahrt oder einem Konzertbesuch. Auch Motorradfahrer kennen das ‚taube Gefühl‘ nach einer weiten Strecke sehr gut“, zählt Ulrich Hoppe auf. „Verändert sich das Hören plötzlich, treten also Ohrgeräusche oder ein dumpfes Hören auf, sollte unbedingt ein HNO-Arzt aufgesucht werden, um eine Hörschädigung auszuschließen. Dabei kann auch abgeklärt werden, ob ein Hörgerät erforderlich bzw. sinnvoll ist.“

Gehör gezielt schützen

Der Experte rät außerdem zur Prävention: „Professionelle Musiker wie Schlagzeuger, aber auch Konzertbesucher und Menschen, die beruflich ständig hohen Lärmpegeln ausgesetzt sind, sollten einen Gehörschutz tragen.“ Dazu zählen neben klassischen Schaumstoff-Ohrenstöpseln auch solche aus Wachs, individuell gefertigte Modelle aus Silikon oder Keramik und ein Kapselgehörschutz. Wichtig sind aber auch gezielte Lärmpausen: „Gönnen Sie Ihren Ohren eine Auszeit, in der Sie Umgebungsgeräusche wie Radio oder Fernseher gezielt eliminieren, anstatt die Geräte immer im Hintergrund laufen zu lassen“, so Prof. Hoppe. „Nicht nur das Gehör entspannt dabei, sondern gleichzeitig beugen Sie auch lärmbedingtem Stress und Konzentrationsstörungen vor.“

Musik im oder auf dem Ohr?

Manchmal finden wir eine Auszeit vom Alltag aber eben nicht in der Stille, sondern in der Musik – oft auch unterwegs mit Kopfhörern. Doch gibt es dabei Unterschiede für das Gehör? „Der am Ohr eintreffende Schallpegel ist das wesentliche Kriterium. Wenn ich mir einen Kopfhörer unmittelbar in den Gehörgang stecke, kann ich selbst mit sehr kleinen Hörern hohe Schallpegel erreichen“, gibt Ulrich Hoppe zu bedenken. „Studien konnten außerdem zeigen, dass Musik über Kopfhörer in der Regel lauter gestellt wird als über Lautsprecher.“ Die Art des Kopfhörers sei dabei eigentlich nicht so wichtig, so der Hörspezialist. „Das Problem bei Kopfhörern ist eher, dass die Lautstärke beispielsweise im Zug schon deutlich hochgedreht werden muss, um die Nebengeräusche zu unterdrücken. Daher sind On-Ear- bzw. Over-Ear-Kopfhörer – wenn sie denn Umgebungsgeräusche mithilfe von Noise Cancelling gezielt abschirmen – eher geeignet als solche, die direkt im Gehörgang sitzen.“

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Ulrich Hoppe
Telefon: 09131 85-32980
E-Mail: cicero@uk-erlangen.de

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